Wie Paula Herzen erobert
Als mein Freund und ich vor sechs Jahren zusammen gekommen sind waren Paula und ich in der Krise. Man kann sich vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man sein Date mit nach Hause bringt, und er erstmal mit den Socken in einem See Katzenpipi steht.
Genau. Schlechteste Voraussetzungen für eine Beziehung. Gleichzeitig ist es schwierig, bei ihm über Nacht zu bleiben, denn die Katze braucht morgens ihr Fressi und ihre Spritze.
Crazy Cat Lady
In so einer Situation wird es schwierig, Prioritäten zu setzen. Ich weiß, dass die Diabetes-Community das anders sieht und immer die Katze priorisiert. Ich hatte ehrlich gesagt meine Zweifel. Ich wollte nicht wie eine Crazy Cat Lady wirken, die allein in ihrer vollen Bude sitzt, umgeben von 10 Katzen und doch allein. Außerdem war das ein Mann, der mir wirklich viel bedeutet hat. Die Situation mit Paula wurde nicht wirklich einfacher, weil ich weniger zu Hause war.
Das Doppelleben
Die ersten paar Monate führte ich ein Doppelleben. Ich habe bei ihm übernachtet, bin um halb acht aus dem Haus, um spätestens um acht in meiner Wohnung zu sein. Dort habe ich erstmal geputzt, die Katze versorgt und bin dann wieder zu ihm: für das gemütliche Wochenendfrühstück. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, Paula ging es nicht gut und er fand es auch nicht soo toll, immer allein aufzuwachen. Allerdings hatte er eine Katzenhaarallergie, so dass es auch nicht so einfach war, mehr Zeit bei mir zu verbringen.
Abschied von Paula?
In dieser Situation habe ich versucht, ein neues zu Hause für Paula zu finden. Es war klar, dass ich demnächst mit meinem Freund zusammenziehen wollte. Paula war total ausgemergelt, weil sie zu wenig Insulin bekommen hat und auch sonst aggressiv. Ich war verzweifelt. Aus der Katzen-Community habe ich jede Menge Hass abbekommen, weil ich egoistisch sei, eine Tierquälerin und überhaupt ein schlechter Mensch. Ich selbst konnte mir eigentlich nicht vorstellen, Paula abzugeben, weil mein Herz so sehr an ihr hängt. Ich habe in dieser Zeit viel geweint. Denn mittelfristig wäre es so nicht weitergegangen. Wir sind auch einmal ins Tierheim gefahren, um herauszufinden, wie Paula dort leben könnte. Wir wären fast mit weiteren Katzen zurückgekommen.
Mitbewohnerin auf Probe
Mein Freund hatte dann den Vorschlag, dass Paula ja mal auf Probe zu ihm ziehen könnte. Ich übrigens auch. In dieser Zeit war Paula schon auf Tresiba umgestellt, so dass sie zumindest nicht mehr die Wohnung verunstalten könnte. Ich habe Paula ins Gewissen geredet, weil sie auch gern Möbel ankratzt, Haare verteilt und eigentlich gewöhnt war, im Bett zu schlafen. Bei einem Katzenallergiker ist das keine Option. Paula packte also ihr Köfferchen und zog bei ihm ein. Widerwillig. Denn sie ist eine Katze. Sie zieht nicht gern um. Als sie ankam, strafte sie uns auch alle erstmal mit Nichtachtung.
Wie man ein Herz erobert
Paula hat den unschlagbaren Trick heraus, wie man Herzen erobert. Ihr Vorteil ist allerdings auch, dass sie sehr sehr süß aussehen kann. Alles weitere erledigt ihre konsequente Nichtbeachtung. Sie war also in der Wohnung und ignorierte meinen Freund. Mit wenigen Ausnahmen. Hier ein Blick, da mal ein um die Beine streichen. Alles in Maßen. Mit mir hat sie in dieser Zeit demonstrativ und ausgiebig gekuschelt. Kam ich nach Hause, warf sie sich auf den Rücken (was übrigens eine Falle ist). Kam er, ein müder Blick. Diese nervenzerfetzende Stimmung löste sie dann ab und an durch kleinere Streichelerlaubnisse. Sie legte sich auf dem Sofa neben ihn (nicht auf den Schoß) und er durfte mal kraulen. Aber nicht zu viel und nicht zu lange. Nach zwei Wochen war er weichgekocht. Von Katzenhaarallergie keine Spur, die Katze und ich sind bis heute geblieben.